Neuer Standort in Bremen geplant
Slawomir Roszczewski wusste lange nicht, dass in ihm ein leidenschaftlicher Fußballer steckt. Weder als Kind noch als junger Mann war er dem runden Leder hinterhergelaufen. Zum Fußball kam er auf eine eher untypische Art und Weise: Durch die Amputation seines rechten Beins. Im Supermarkt wurde sein heutiger Teamkollege Ralf Stellfeld auf Slawomir aufmerksam. „Ralf hat mich gefragt, ob ich nicht Amputierten-Fußball spielen will“, erzählt Slawomir: „Ich habe es ausprobiert und war sofort total begeistert.“
Aktuell muss Slawomir zum Training nach Braunschweig pendeln, dort spielt mit den Sportfreunden Braunschweig eines von insgesamt drei Amputierten-Fußball-Mannschaften in Deutschland. Sein Traum ist ein Team in Bremen – oder zumindest eine Trainingsgruppe. Dank des bundesweiten Modellprojekts „Amputierten-Fußball im Verein – Mittendrin statt nur am Rand“ steht dieser Traum nun kurz vor der Realisierung. Anpfiff ins Leben, der Bremer Fußballverband und der Behindertensportverband Bremen haben sich zusammengetan. „Ich freue mich sehr darüber, dass wir uns nun auch im Bereich des Amputierten-Fußballs engagieren“, erklärt Christoph Schlobohm, Inklusionsbeauftragter des Bremer Fußballverbandes. „Ich habe mir Amputierten-Fußball schon mehrfach angesehen und bin von der sportlichen Leistung sehr beeindruckt. Deshalb unterstützen wir dieses Projekt aus voller Überzeugung.“
Das von Anpfiff ins Leben und der „Aktion Mensch Stiftung“ ins Leben gerufene Modellprojekt soll die Entwicklung des Deutschen Amputierten-Fußballs vorantreiben. Vorrangige Ziele sind dabei die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Sportart und die Gründung von mehreren Standorten in ganz Deutschland. Auch die DFB-Stiftung Sepp Herberger und die einzelnen DFB-Landesverbände stehen dem Projekt als Unterstützer zur Seite.
Eine ganz wichtige Rolle spielen auch die Botschafter vor Ort. Diejenigen, die Kontakte knüpfen, Türen öffnen, Menschen mobilisieren. So wie Slawomir Roszczewski. Der 33-Jährige mit Wohnsitz in Verden arbeitet tagsüber als Bürokaufmann. Jetzt nimmt er auch nach Feierabend den Hörer in die Hand und wirbt bei Kliniken und Sanitätshäusern für den einbeinigen Fußball auf Krücken. „Mit der Gründung einer Mannschaft möchte ich es Amputierten in der Region Bremen ermöglichen, wieder ortsnah Fußball spielen zu können. Dafür bin ich jetzt regional unterwegs, um weitere Amputierte für unsere Sportart zu begeistern“, sagt er.
Deshalb ist es auch Slawomirs Bemühungen zu verdanken, dass jetzt ein gemeinsames Auftaktevent feststeht: Am 23. Januar 2021 findet in Bremen ein Aktionstag zum Thema Amputierten-Fußball statt. Dazu laden der Bremer Fußballverband, der Behindertensportverband Bremen und Anpfiff ins Leben alle Interessierten in die Bolzerei (Konsul-Smidt-Straße 18a, 28217 Bremen) ein. Jeder Mensch mit Amputation ist herzlich willkommen. Menschen mit Beinamputation können das Kicken mit Krücken ausprobieren, Menschen mit Armamputation stehen beim Amputierten-Fußball im Tor. Im Rahmen der im Januar gültigen Sicherheitsbeschränkungen sind selbstverständlich auch Zuschauer gerne gesehen. Denn jeder kann die Botschaft weitertragen, die Slawomir damals von Ralf im Supermarkt bekam: Es braucht keine zwei Beine, um Fußball zu spielen.
Foto: Ralf Kuckuck
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