Behinderte Menschen in Deutschland fragen sich, warum noch nicht alle Sendungen der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten untertitelt und als Hörfilm ausgestrahlt werden. Sie
fragen sich, warum eine eingeblendete Gebärdensprachdolmetschung immer noch die
Ausnahme ist. Und warum werden Probleme aus ihrem täglichen Leben selten von den
Medien aufgegriffen?
Schließlich ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) am 26. März seit 14 Jahren
geltendes Recht in Deutschland. Bund, Länder und Kommunen haben sich damit
verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Menschenrechte von
behinderten Menschen sicherzustellen. Die Bewusstseinsbildung nimmt dabei in Artikel 8
einen prominenten Platz in der UN-BRK ein, was ihre Bedeutung unterstreicht.
Regierungen haben sich verpflichtet, Kampagnen zur Bewusstseinsbildung durchzuführen
und Medienorgane aufzufordern, Menschen mit Behinderungen entsprechend dem
Konventionszweck darzustellen.
„Das bedeutet, dass behinderte Frauen, Männer, Diverse und Kinder genauso häufig zu
sehen oder hören sind, wie es etwa ihrem Bevölkerungsanteil entspricht“, erläutert die
Sprecherinnenratsvorsitzende des Deutschen Behindertenrats (DBR), Dr. Sigrid Arnade. Es
bedeute auch, dass behinderte Menschen die verschiedensten Rollen wahrnehmen können
und nicht auf die beiden Extreme der bemitleidenswerten Almosenempfänger*innen oder
auf der anderen Seite der Superheld*innen reduziert werden. „Wichtig ist uns auch ein
kritischer unsentimentaler Blick der Medien auf unsere Lebensumstände“, führt Arnade
weiter aus, denn viele Probleme im Alltag behinderter Menschen beruhten weniger auf der
jeweiligen Beeinträchtigung als vielmehr auf den gesellschaftlichen Bedingungen.
Als anschauliches Beispiel nennt sie eine Zugfahrt, für die sie sich als Rollstuhlfahrerin mit
einem Vorlauf von einigen Tagen anmelden muss. „Das erste Ärgernis ist, dass ich ewig in
der Warteschleife hänge, dann wird mir der Platz nur reserviert, wenn ihn nicht schon eine
andere Person im Rollstuhl gebucht hat.“ Züge seien nicht barrierefrei, so dass behinderte
Menschen mit alten Hubliften hochgekurbelt würden, wenn das Personal verfügbar ist.
„Früh morgens oder spät abends kann unsereiner keinen Zug besteigen oder verlassen“,
ärgert sich die Sprecherinnenratsvorsitzende. Im Zug angekommen, müsse sie dann häufig
feststellen, dass die einzige barrierefreie Toilette nicht zu benutzen sei. „All das ist
diskriminierend“, resümiert Arnade.
An die Medien appelliert die DBR-Sprecherinnenratsvorsitzende, sich auch mit
komplexeren Themen zu beschäftigen, wie der Gewalt an behinderten Mädchen und
Frauen oder dem Hindernisparcours, der zu bewältigen ist, wenn man auf Assistenz
angewiesen ist und gleichzeitig selbstbestimmt außerhalb von Einrichtungen in der eigenen
Häuslichkeit leben will. „Ich wünsche mir auch, dass das Misslingen der Inklusion in
Deutschland in Wohnheimen, Förderschulen oder Werkstätten für behinderte Menschen
häufiger kritisch hinterfragt werden“, so die DBR-Frau.
Quelle: Deutscher Behindertenrat (DBR)
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