Sozialgericht Würzburg
Az. S 4 KR 545/06
Urteil vom 09.10.2007
Eine Krankenkasse muss die Kosten für eine zweite Unterschenkelprothese nicht übernehmen, wenn sie nur als Ersatz während Reinigungsarbeiten an der schon vorhandenen Prothese genutzt werden soll und diese Pflege nur einmal im Quartal für eine Stunde nötig ist. Im Falle einer ausnahmsweise längeren Reparatur hat der Versicherte eine eingeschränkte Mobilität hinzunehmen. (SGB-V § 33)
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Kosten für eine weitere Unterschenkelprothese des Klägers im Sinne einer Wechselversorgung zu übernehmen hat.
Bei dem am 1976 geborenen Kläger liegt u. a. ein Zustand nach Unterschenkelamputation rechts nach drittgradiger offener Trümmerfraktur rechts vor. Am 16.11.2005 verordneten die behandelnden Ärztes Dres. K., H., D. eine Unterschenkelprothese zur Definitivversorgung. Am 25.11.2005 ging bei der Beklagten ein Kostenvoranschlag des Sanitätshauses M. + H. über eine Unterschenkelprothese rechts als Ersatz für eine Prothese aus Dezember 2003 ein, die einen Gesamtbetrag von 5635,70 Euro umfasste. Die Beklagte stellte im Folgenden fest, dass der Kläger im März 2005 mit einer neuen Prothese versorgt worden sei und lehnte mit Bescheid vom 29.11.2005 den Antrag auf Kostenübernahme einer neuen Unterschenkelprothese ab, da eine Zweitausstattung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen könne.
Hiergegen legte der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19.12.2005 Widerspruch ein. Er trug vor, die Prothese sei ein Hilfsmittel, das die Anforderungen des § 33 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erfülle. Hinsichtlich des Arguments der Zweitausstattung sei zu beachten, dass die Prothese des Klägers aufgrund seines hohen Körpergewichts einem hohem Verschleiß und einer hohen Reparaturanfälligkeit unterliege. Der Kläger lebe allein und sei während der Zeit der Reparaturen, die wegen Ersatzteilbestellungen länger dauern würden, völlig immobil.
Hierzu gaben die behandelnden Ärzte auf Nachfrage der Beklagten eine Stellungnahme dahingehend ab, dass es sich nun um eine Definitivversorgung nach früherer Erstversorgung handeln solle und Veränderungen des Amputationsschaftes vorliegen würden. Eine von der Beklagten eingeholte orthopädietechnische Stellungnahme kam zum Ergebnis, dass im Anbetracht der im März 2005 komplett neu erstellten Prothese eine Zweitversorgung nicht angezeigt sei. Während eventueller Reparaturzeiten stünde für häusliche Betreuung auch der Einsatz eines Pflegedienstes zur Verfügung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2006 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Für eine Wechselversorgung oder Doppelversorgung zu Lasten der Krankenversicherung bestünden keine hinreichenden Gründe.
Daraufhin erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.05.2006 am 18.05.2006 Klage zum Sozialgericht Würzburg. Er machte geltend, dass eine hohe Reparaturanfälligkeit der vorhandenen Prothese vorliege und eine Reparatur bis zu 4 Wochen dauern könne. Er sei ohne eine Wechselprothese nicht in der Lage seinen Lebensbereich zu verlassen.
Das Gericht führte im Folgenden Ermittlungen bei den behandelnden Ärzten durch. Ferner ermittelte es Umfang und Dauer der bisherigen Prothesenreparaturen. Dazu gehörten sogenannte Linererneuerungen, die im März 2006, September 2006, Januar 2007 und April 2007 durchgeführt wurden und jeweils eine Stunde dauerten. Eine Anpassung nach Stumpfvolumenveränderung im Juli 2006 machte eine Reparaturdauer von ca. 6 Stunden erforderlich. Eine weitere Anpassung nach Stumpfvolumenveränderung verbunden mit einer Reparatur der Prothese im Januar 2007 dauerte 2 Arbeitstage. Zukünftig seien weitere Reparaturen zu erwarten, die bei einem kompletten Schaftbruch eine Zeitdauer von 4 bis 5 Arbeitstagen umfassen würden.
Die Klägerseite sieht hinreichende Gründe dafür gegeben, dass der Kläger mit einer Wechselprothese zu versorgen sei und beantragt:
1. Die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 29.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2006 verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die beantragte Unterschenkelprothese zu übernehmen bzw. diese zu genehmigen.
2. Die Beklagte hat sowohl die außergerichtlichen als auch die gerichtlichen Aufwendungen des Klägers zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
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